Klassifikation

Es gibt in den USA keine Standartkriterien für die Diagnose eines SS. Obwohl die diagnostischen Tests der trockenen Augen standardisiert sind, gibt es keine einheitliche Definition für die Diagnose „trockener Mund“. Dies führte gelegentlich zur Verwirrung in der medizinischen Literatur sowie der klinischen Praxis. Wir bevorzugen feststehende Kriterien für die Diagnose eines SS, um Patienten mit objektivierbarer Sicca Symptomatik sowie systemischen Autoimmunprozesses eindeutig zu identifizieren.

Trockene Augen:

Die Augensymtome des SS umfassen im allgemeinen eine Trockenheit der Hornhaut, verbunden mit einem Frendkörper- oder Sandkorngefühl der Augen.
Es kommt zu Schmerzen und einer erhöhten Lichtempfindlichkeit (Photophobie).
Der weiße Teil der Augen (Sklera) kann gerötet sein und Entzündungen der Hornhaut (Konjunktivitis) können auftreten. Die Ursache hierfür liegt in der verminderten Tränenproduktion, welche das Augenormalerweise feucht hält und es hierdurch vor Infektionen schützt.
Um die Tränenproduktion zu ermitteln, wird ein steriles Filterpapier in das untere Augenlid eingehängt, anschließend wird das Ausmaß der Anfeuchtung innerhalb der ersten 5 Minuten ermittelt. Normalerweise beträgt die Befeuchtungs-Strecke mehr als 8 mm pro 5 Minuten (bei Patienten mit einem SS < 5 mm). Insgesamt kommt es mit zunehmenden Alter jedoch zu einer Abnahme der Tränenproduktion. Der Test wird als Schirmer Test bezeichnet.
Anmerkung: Dieser Test wird in einigen Fachkreisen jedoch nicht als sehr aussagekräftig empfunden.
Sollte dieser Test eine verminderte Tränenproduktion anzeigen, wird häufig der sog. Schirmer II Test durchgeführt. Hierzu wird die Nasenschleimhaut mit einem Q-Tip berührt. Dadurch wird der sog. nasolakrimale Reflex ausgelöst, welcher zu einer Steigerung der Tränenproduktion führt. Das Ausmaß der Stimulierbarkeit dieses Reflexes liefert weitere Aussagen über die Tränenproduktion.
Um die verminderte Tränenproduktion weiter zu bestimmen, wird ein kleiner Tropfen einer Flüssigkeit (Fluorescin oder Rose-Bengal) auf das untere Augenlid aufgetragen. Bei Patienten mit einem SS hält der feinverteilte Farbstoff-Film der Augen nur einige Sekunden (Fluorescin). An Stellen mit geschädigter Hornhaut kann der Farbstoff über längere Zeit sichtbar sein (Rose-Bengal).

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Trockener Mund:

Der trockene Mund resultiert aus der verminderten Speichelproduktion. Unter normalen Bedingungen wird permanent Speichel abgesondert um den Mundraum feucht zu halten. Diese Ansonderung wird als Basalsekretion bezeichnet. Nach Stimulation durch das Schmecken, Kauen oder Riechen von schmackhaften Dingen kommt es zu einem Anstieg des Speichelflusses, dies wird als Stimulationssekretion bezeichnet. Der Speichelfluss wird durch das zentrale Nervensystem gesteuert. Die Signale des Gehirns werden über Nerven (cholinerge und sympathische Fasern) an die Speichel- und Tränendrüsen weitergeleitet. Es ist möglich eine normale Anzahl an intakten Speicheldrüsen zu haben und trotzdem zu wenig Speichel zu produzieren, da die Nerven nicht das richtige Signal übertragen. Dies ist der Grund, warum bestimmte Medikamente (insbesondere Antidepressiva oder bestimmte Schleimhaut abschwellende Medikamente) zu einer Trockenheit der Augen und des Mundes führen. Die genaue Ursache hierfür liegt in einer Hemmung cholinerger Fasern welche die Drüsen normalerweise innervieren bzw. stimulieren. Beim Sjögren Syndrom kommt es in erster Linie aufgrund einer Zerstörung der Speicheldrüsen bzw. Tränendrüsen zu einer verminderten Sekretion. Eine Störung der nervlichen Signale welche die Absonderung des Speichels kontrollieren kann parallel vorkommen. Zu Beginn der Erkrankung kommt es zu einem Maximum der Mundtrockenheit zwischen den Mahlzeiten und nachts. Dies liegt an der verminderten Basalsekretion des Speichels. Diese Patienten haben keine größeren Probleme beim Essen, da hierbei der Speichelfluss noch ausreichend stimuliert wird. Im weiteren Verlauf kommt es schließlich zu einer permanenten Trockenheit, welche dazu führt, dass die Patienten zur Nahrungsaufnahme viel trinken müssen.
Die verminderte Speichelproduktion führt zu einer erhöhten Gefahr an Karies oder Mundpilzinfektionen z.B. Candida (Pilz) zu erkranken. Dies liegt daran, dass der Speichel Bestandteile enthält, die normalerweise gegen derartige Infektionen schützen.
Der wesentliche Anteil des Speichels wird normalerweise von der Ohrspeicheldrüse, der Unterkieferspeicheldrüse oder der unter der Zunge liegenden Speicheldrüse produziert. Kleinere Speicheldrüsen in der Lippe tragen ebenfalls zur Speichelproduktion bei. In manchen Fällen kann es durch Einwanderung von Entzündungszellen (Lymphozyten) in die Speicheldrüsen zu einer akuten Schwellung und Schmerzen kommen. Der Speichel der Ohrspeicheldrüsen fließt über zwei kleine Öffnungen auf Höhe der vorderen Backenzähne in den Mund (genannt Stensen Kanal). Um die abgesonderte Speichelmenge zu ermitteln wird gelegentlich ein kleines Plastikröhrchen in die Mündung eingeführt. So kann die Stimulierbarkeit der Drüse bestimmt werden. Bei Infektionen kommt es zur Absonderung von Eiter, welche auf diesem Wege besser nachgewiesen werden kann.
Es gibt zahlreiche Ursachen für den verminderten Speichelfluss. Um das Ausmaß der Speicheldrüsenveränderungen bzw. -Zerstörungen bestimmen zu können, wird häufig eine Biopsie aus der Unterlippe durchgeführt. Diese Drüsen zeigen einen vergleichbaren feingeweblichen Untersuchungsbefund wie die großen Speicheldrüsen.
Anmerkung: Weitere Aussagen über das Ausmaß der Drüsenzerstörung können mit einer sog. Sialographie gewonnen werden. Dies ist eine radiologische Untersuchung, in der die Drüse bzw. die Ausführungsgange der Drüsen mit einem Kontrastmittel angefärbt werden.

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Andere befallene Organe:

Müdigkeit und Abgeschlagenheit sind weitere Allgemein-Symptome der Erkrankung. Es ist wichtig, weitere Ursachen für die Abgeschlagenheit zu ermitteln. In 20 % der Fälle kann es zu einer Schilddrüsen-Unterfunktion beim Sjögren-Syndrom kommen. Eine Blutarmut (Anämie) führt ebenfalls zu einer allgemeinen Müdigkeit. Ursachen hierfür sind in erster Linie die verminderte Blutproduktion (aufgrund eines Eisenmangels im Rahmen der chronischen Entzündung). Es kann jedoch auch durch die Einnahme von Gelenkschmerzmitteln wie Aspirin®, Voltaren®, Naproxen, usw....zu einem chronischen Blutverlust über die Magenschleimhaut kommen.
Aufgrund des vor allem nachts störenden Trockenheitsgefühls im Mund kann es zu Schlafstörungen kommen.
In seltenen Fällen kann es zu Gedächtnis oder Konzentrationsstörungen kommen, diese werden auf Freisetzung von entzündlichen Substanzen des Immunsystems oder auf den gestörten Schlafrhythmus zurückgeführt.
Hauttrockenheit bzw. Hautjucken, Lungenentzündungen, geschwollene Lymphknoten (Lymphom) und weitere Symptome können in seltenen Fällen ebenfalls beobachtet werden. Obwohl das Sjögren-Syndrom in erster Linie die Augen und den Mund befällt, können andere Organe beteiligt sein. Gelenk- sowie Muskelschmerzen werden sehr häufig beobachtet. Im Falle eines sekundären Sjögren-Syndroms ist hierfür die Primär-Erkrankung (rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes oder vergleichbare Erkrankungen) verantwortlich. Die Diagnose dieser Erkrankungen erfolgt durch spezielle Blutuntersuchungen oder Röntgenaufnahmen möglicher beteiligter Gelenke. Beim primären Sjögren-Syndrom kann es ebenfalls zu Muskel- und Gelenkschmerzen kommen. Die Gelenkveränderungen hierbei sind jedoch nicht erosiv (radiologische Veränderungen lassen sich nicht nachweisen).

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